Jedes auf seine Art sind diese Gebäude nicht nur Zeugen ihrer Zeit. Der Begriff Empfangsgebäude machte den Charakter deutlich - hier wurden die Gäste der Stadt begrüßt. Im Jahre 1903 wurde das neue Bahnhofsgebäude im Landhausstil mit dem hier typischen Taunusschiefer und Schmuckfachwerk gestaltet. Als Fundament diente das Gesteinsmaterial aus den Tunnelbohrungen, der im Jahre 1877 eröffneten Bahnstrecke.
Die Herrschaftszeichen des Adels wie Zinnen, Türme und Erker fehlten aber ebenso wenig wie verschiedene Dachaufbauten, Fensterformen oder ein Balkon. Nicht zuletzt durch den Bahnanschluss, den Zuzug vermögender Familien aus Frankfurt und den Wunsch der Bevölkerung zur Reise auf das Land wurden die Weichen der ersten Tourismuswelle und die Entwicklung der kleinen Burgstadt zur "Perle der nassauischen Schweiz" gelegt. Eine Aufnahme aus den 1930er-Jahren zeigt Bahnbedienstete vor dem eindrucksvollen Gebäude.
Nicht nur der Bedeutungsverlust des Schienenverkehrs zugunsten des Individualverkehrs führte ganz allgemein zu einer immer größer werdenden Vernachlässigung der Bahninfrastruktur - auch des Bahngebäudes in Eppstein. Die nicht genutzten Gebäude wurden oft ihrem Schicksal überlassen. Das über Jahrzehnte nicht genutztes Gebäude am S-Bahnhaltepunkt Eppstein entwickelte sich zu einem Bild der Traurigkeit - nicht nur für ankommende Gäste.
Viele Städte sahen sich zunehmend gezwungen, diesem Signal des Verfallens Einhalt zu gebieten. In Eppstein hat es der Gründer von living Monuments, Ralf Wolter, als damaliger Bürgermeister im Jahre 2001 einmal so formuliert: "Die Zukunft dieses Gebäudes ist ein Signal der Stadt an ihre Bürger für die Zukunft dieser Stadt." Mit dem Erwerb des gesamten Areals, der Entwicklung zum Kultur- und Bürgerbahnhof, einer Vereinbarung mit der Deutschen Bahn im Jahr 2003, über die Entwicklung des gesamten Bahnhofgeländes bis hin zu einem neuen Tunnelbau, Gleisverlegungen und der Verlegung des Busbahnhofes an die Gleise wurde ein deutliches Signal für die Zukunft gesetzt.
Nach intensiven Planungen begannen im Jahre 2005 die Umbauten und die Wiedergeburt dieses historischen Empfangsgebäudes mit einer ganzen Palette an Überraschungen. Die meisten waren unangenehm - kosteten Zeit und letztlich auch Geld.
Historische Bauunterlagen der Bahn gab es nicht mehr. Insofern war jede aufgemachte Wand ein Überraschungspaket. Allerdings feststellen zu müssen, dass das Gebäude ohne Fundament auf dem Geröll der ersten Tunnelbohrung stand - dazu hat die Phantasie gefehlt. Aufgrund der geplanten Glasaufbauten und den ansonsten weiter möglichen Setzungen des Gebäudes musste nachträglich ein Fundament geschaffen werden. Eine der größten Herausforderungen der Sanierung - aber mit einer speziellen "Tischkonstruktion" unter dem Gebäude gelang das Kunststück.
Etwa zweieinhalb Jahre dauerten die Arbeiten am Empfangsgebäude. Für die komplexen Problemstellungen war dies ein überschaubarer Zeitraum. Beim verantwortlichen Architekten, Hilmar Bauer, der eigens für diese Maßnahme gegründeten Stadtentwicklungsgesellschaft (SWE), dem Bauamt rund um Frau Beck und Alwin Dörr, der örtlichen Politik ebenso wie bei der Deutschen Bahn, dem RMV und dem Denkmalschutz erforderte dies ein hohes Maß an Geduld. Da aber alle an einem Strang gezogen haben, konnten sich die Ergebnisse sehen lassen. Ganz besonders gute Nerven musste das Team des Pächters der Kultur-Gastronomie aufbringen. Das Team der Wunderbar -Weiten -Welt rund um Ralf Otto. Schließlich mussten sie an jeder Ecke darauf aufpassen, dass sie anschließend ihr Lokal in der Weise nutzen konnten, wie sie es sich vorgestellt haben.
Als das Empfangsgebäude in 2007 fertig gestellt wurde, ging es rund um das nun wieder schmucke Gebäude erst richtig los. Doch erst einmal hatten die Eppsteiner ihre historische Visitenkarte wieder.
Ergebnis ist eine "wunderbare" Location, die sich nicht nur mit dem fantastischen Brunch und der richtig guten Musik zu einem der kulturellen Botschafter der Burgstadt und zu einem regionalen Anziehungspunkt entwickelt hat.
Eppstein profitiert weiterhin von einem Bürgerbüro, das sich in jeder Hinsicht sehen lassen kann. Insgesamt ein stimmiges Nutzungskonzept, das dafür sorgen wird, dass dieses wunderbare Gebäude auf Dauer in Schuss bleiben wird.
In den nächsten Jahren gingen die Tunnelarbeiten und die Arbeiten am Vorplatz des Gebäudes weiter.
Wo gibt es schon so etwas? Bus und Bahn an einem Bahnsteig direkt gegenüber und sichere Parkplätze für die Fahrräder nur wenige Schritte entfernt.
So langsam nimmt es Formen an. Jenseits der Gleise entstehen 200 neue Parkplätze.
Bürgermeister a.D. Peter Reus, der amtierende Bürgermeister Alexander Simon und Initiator Bürgermeister a.D. Ralf Wolter (v.l.n.r.) - drei Generationen haben dieses für die Burgstadt so wichtige Projekt verantworlich begleitet. Das Ergebnis ist in jeder Hinsicht bemerkenswert.
Richtig am Ziel war man dann am 01.11.2018 - der offiziellen Ehrung und Tafelenthüllung zum Bahnhof des Jahres 2018 durch die Allianz pro Schiene, von der auch das Bild stammt. Ein Vorhaben, das viel Kraft, Zeit und Energie gekostet hat. Aber eines, das sich in jeder Hinsicht gelohnt hat. Fragen Sie einmal die Eppsteiner. Schauen Sie es sich an und besuchen Sie die wunderschöne Burgstadt. Für Ihr leibliches Wohl sorgt das Team der Wunderbar.